Dann ziehe ich halt aus… Geht das?
Meist im Streit mit dem eigenen Kind haben sicher viele Eltern schon so einen Satz gehört. Aber was steckt dahinter? Darf das (volljährige) Kind einfach so ausziehen und seinen eigenen Hausstand gründen?
Ein grundsätzlicher Anspruch auf die eigene Wohnung mit Eintritt der Volljährigkeit besteht nicht, jedenfalls nicht auf Kosten der Eltern. § 1612 BGB bestimmt die Art der Unterhaltsgewährung und darum geht es zumeist.
Danach wird Unterhalt grundsätzlich als Geldrente geschuldet. Nur ausnahmsweise kann der Verpflichtete eine andere Unterhaltsform verlangen, wenn dies durch besondere Gründe gerechtfertigt ist.
Bei unverheirateten minderjährigen und volljährigen Kindern jedoch, dürfen die Eltern selbst bestimmen, in welcher Form der Unterhalt geleistet wird, § 1612 Abs. 2 BGB. Auf die Belange des Kindes soll dabei Rücksicht genommen werden!
Wie und warum kann bestimmt werden?
Die Vorschrift soll Eltern eben genau davor schützen, dass das volljährige Kind ohne Not seinen eigenen Hausstand gründet, nur weil dies vielleicht aufregender oder bequemer ist und weniger Stress mit den Eltern bedeutet. Die Eltern sollen wirtschaftlich entlastet werden. Dabei ist zu beachten, dass das Recht des volljährigen Kindes auf die freie Selbstbestimmung hinter dem elterlichen Bestimmungsrecht grundsätzlich zurücktritt, da die Beachtung der finanziellen Interessen der Kindeseltern Vorrang genießt (OLG Brandenburg, Beschluss vom 18.10.2007, 9 WF 288/07). Die Bestimmung der Eltern oder eines Elternteils kann konkludent, also durch eine schlüssige Handlung erfolgen. Es reicht folglich, wenn die Eltern Kost und Logis zur Verfügung stellen und dem Auszugswunsch widersprechen. Etwas anderes kann natürlich gelten, wenn ein Zusammenleben zwischen Eltern und Kind aufgrund andauernder Streitigkeiten nicht möglich ist oder ein Kind z.B. eine Ausbildung beginnen möchte, die am Wohnort nicht angeboten wird.
Was bedeutet das nun für Eltern?
Im Regelfall dürfen also die Eltern bestimmen, wie der Unterhalt gewährt wird. In den meisten Haushalten erfolgt diese Bestimmung ganz automatisch. Insbesondere bei volljährigen Schülern wird dies häufig so sein. Bestrebungen des Kindes, seinen eigenen Hausstand zu gründen, müssen Eltern also nicht zwingend nachkommen. Praktisch stellt sich die Frage eher bei Trennung oder Scheidung der Eltern oder bei Konflikten zwischen Eltern und Kind. Allerdings reicht auch nicht jeder nichtige Anlaß oder jede Auseinandersetzung, um sich eine eigene Wohnung zu nehmen. Eltern können also zunächst beruhigt sein. Solange sie ein Zimmer vorhalten und weiter Verpflegung anbieten, genügen sie ihrer Unterhaltspflicht. Leistet das volljährige Kind dem wirksam ausgeübten Bestimmungsrecht keine Folge, so verliert es seinen Unterhaltsanspruch. Insoweit wird auch das Recht des Kindes, seinen Wohnsitz selbst zu bestimmen, eingeschränkt (BGH FamRZ 1985, 917, 918).
Bei Fragen zu diesem oder anderen familienrechtlichen Themen steht Ihnen in Braunschweig Herr Rechtsanwalt Felix Rösser gern zur Verfügung.